Wenn der Schützengraben aus Black Metal und die Kriegsmaschinerie aus Death Metal aufeinandertreffen, dann ist die "Urgewalt" entfesselt – und Verheerer marschieren erneut an die Front. Mit ihrem dritten Album schlagen die Flensburger zurück und liefern ein vertontes Trommelfeuer ab, das den Ersten Weltkrieg nicht nur thematisch, sondern auch atmosphärisch heraufbeschwört. "Urgewalt" ist der Soundtrack zum industrialisierten Sterben, ein klanglicher Sturmlauf ins Niemandsland, bei dem jede Note wie eine Detonation hallt.
Schon der Opener bahnt sich mit der Kraft einer Vorstoßoffensive den Weg ins Gehör. Rasend schnelle Blastbeats, messerscharfe Riffs und markerschütternde Growls ziehen den Hörer unweigerlich mit – als wäre er Teil einer unaufhaltsamen Kriegsmaschinerie. Doch Verheerer setzen nicht nur auf gnadenlose Geschwindigkeit. Wenn der Rhythmus stockt und sich die Musik in eine erdrückende Langsamkeit wandelt, dann gleicht das der bedrückenden Stille zwischen den Artilleriesalven – ein Moment der Ungewissheit, bevor das Inferno erneut entfacht wird.
In der Tradition von Bands wie Marduk oder Mgła, aber mit einem ureigenen Sound, schaffen Verheerer eine Atmosphäre, die den Wahnsinn des Krieges greifbar macht. Die Gitarrenläufe erinnern mal an sirrende Granatsplitter, mal an marschierende Truppen im Dunst aus Gas und Rauch. Der Gesang von BST ist ein fauchender Befehl, ein verzweifeltes Schlachtruffragment im Chaos. Die Rhythmussektion treibt alles erbarmungslos voran, wie das monotone Rattern einer MG-Stellung, das sich unaufhörlich in den Verstand brennt.
Doch "Urgewalt" ist nicht nur brutale Raserei – es ist auch eine sinistre Huldigung an den Untergang. Hymnische Passagen durchbrechen das Chaos, als würden inmitten der Verwüstung die letzten Sonnenstrahlen auf eine verwaiste, zerbombte Landschaft treffen. Hier zeigt sich das wahre Talent von Verheerer: Sie verweben rohe Gewalt mit melancholischer Erhabenheit und erschaffen eine Erzählung, die das Menschliche im Unmenschlichen sucht – oder vielleicht auch endgültig begräbt.
Das Cover von Misanthropic Art rundet das Gesamtbild perfekt ab. Ein gespenstisches Abbild dessen, was das Album musikalisch transportiert: Der Triumph, der keiner ist, der Sieg, der mit nichts als Leid bezahlt wird. Hier gibt es keine Helden, nur Asche und Ruinen.
Mit "Urgewalt" liefern Verheerer ein hochsolides, ja fast monumentales Werk ab. Es ist ein akustisches Kriegsdenkmal, das nicht feiert, sondern mahnt – eine Vertonung der Selbstzerstörung, die aus dem dunklen Herzen der Menschheit erwächst. Das beste deutsche Bandnamen-Trio hat wieder zugeschlagen, und dieses Mal hinterlassen sie nicht nur Schutt und Asche, sondern eine Spur aus musikalischem Stahl und Feuer. Wer die Grenzerfahrung zwischen Raserei und Verzweiflung sucht, der sollte sich dieses Album nicht entgehen lassen – denn hier gibt es nur eine Richtung: Vorwärts!
Albuminfo
Punkte |
4/5 |
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Label |
Vendetta |
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Veröffentlichung |
04/2025 |
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Format |
CD |
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Land |
Deutschland |
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Genre |
Black Metal |
Tracklist
1. Intro
2. Urgewalt
3. Hail Mary
4. Grabenwurm
5. Totenvolk
6. Lungs
7. Stahlgrab
8. Arsonist
9. Kriegstreiber